Wein, Weib, Gesang

So eine Krankheit kommt nicht ohne Folgen für das Alltägliche … die Woche ist vollgepackt mit Reha-Training, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie … Moment: Logopädie?

Hatte ich mich nicht noch gestern gefragt, welches Schweinderl ich gerne hätte? Und hatte ich mir nicht in meinem Inneren schon eine Antwort gegeben? So was wie

»Ich hätte gerne das goldene Schweinderl, das schon fast platzt, weil es so prall gefüllt ist!«

Na also. Logopädie hatte ich mit ca. zehn Jahren. Wegen leichten Lispelns. Da musste man dann so Sätze repetieren wie

Zehn zottelige Ziegen zerren zehn Zentner Zucker zum Zoo.

Liebe Logopäden, ich möchte ja nicht unken, aber viel hat sich die letzten 35 Jahre im Ansatz nicht getan. In der Klinik hat man mir die gleichen Blätter mit den selben Sprechübungen vorgelegt wie seinerzeit. Die einzigen Unterschiede: weniger Zischlaute und Schrift Comic Sans. Aber zurück zum goldenen Schweinderl: Ich habe kurzerhand die Logopädie durch Gesangsunterricht ersetzt. Und bei der Suche eine kompetente Frau gefunden, die den Gesang mit Körperarbeit ergänzt. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, sieht mein Unterricht bisher so aus, dass ich die Arme hebe oder die Hüften kreisen lasse und währenddessen O-A-O singe. Heute habe ich Fortschritte gemacht und durfte schon O-A-O-A-O singen!

Das mag keine Meisterleistung sein, hat aber den einen Vorteil: Es fühlt sich nicht nach Krankheit an. Die Erkrankung verschafft sich im Alltag viel Raum, sie ist fordernd und quengelig wie ein kleines Kind. Sie will Aufmerksamkeit, und sie verbietet dir, zu viel Wein zu trinken oder Käse zu essen. Und manchmal denkst du, sie ist jetzt weg, und dann kommt sie blitzschnell um die Ecke, macht »Buh!« und erschrickt dich halb zu Tode. Es ist ein erbittertes Kräftemessen mit sich selbst – ein Ringen um Raum und Zeit. Wenn Parkinson zu den Bösen gehört, dann gehört Gesang zu den Guten.

May the force be with us …!

Sing | Travis