Turn off the lights …

Sonntagmorgen, 7.30 Uhr. Ich liege in der Dämmerung wach und esse Trauben. Meine Nacht ist schon seit zwei Stunden zu Ende, das Licht hatte ich erst um zwei gelöscht. Das geht schon seit Wochen, besser: Monaten so – mein Schlafdurchschnitt liegt bei knapp 4 Stunden pro Nacht.

But after midnight morning will come
And the day will see if you’re gonna get some

Während ich so einigermaßen nutzlos in den Federn liege (mein ständiger Begleiter sorgt dafür, dass mir nicht mal eine anständige Entspannung gelingen will), geht mir die Frage durch den Kopf, wieviele Menschen wohl Nacht für Nacht zeitgleich mit mir wachliegen und in die Dunkelheit starren. Und was mögen die Gründe für ihre Schlaflosigkeit sein? Wie bezahle ich die nächste Miete? In welcher Garage stelle ich den neuen Lambo unter? Liebt er mich noch? Warum liege ich jetzt wach? Werde ich mich von ihr trennen? Werden meine Schmerzen jemals wieder verschwinden? Was koche ich morgen? Wie soll ich den Tag morgen nur so unausgeschlafen überstehen? Habe ich bei der Erziehung meiner Kinder versagt? Was ziehe ich zur Party an? Wie löse ich den Konflikt mit dem Kollegen? Was soll ich nur tun? Und warum, verdammte Haxe, kann ich nicht wieder einschlafen, wo ich doch so müde bin?

They say that girl ya know she act too tough
Well it’s ‚til I turn off the light

Und weiter frage ich mich, wieviele Menschen davon Teil meines Bekanntenkreises sind. Ich überlege, ob es nicht eine schöne Idee wäre, eine Whatsapp-Gruppe zu gründen, in der wir Wachliegenden uns mitten in der Nacht gegenseitig antickern und uns per SMS Gruselgeschichten zuschicken könnten, wie Kinder im Schullandheim beim Wegdösen nach einem aufregenden Tag. Oder wir könnten uns einfach unterhalten und uns damit gegenseitig von der Tatsache ablenken, dass wir eigentlich dringend schlafen müssten, es aber nicht können. Die Gruppe würde »Insomnia Lovers« heißen, oder »The Ultimate Sheepcounters«, und keiner der Gruppenmitglieder würde seine Mitgliedschaft gegenüber der Normalschlafenden outen, was den nächtlichen digitalen Versammlungen noch einen pseudomystischen Anstrich verleihen würde (Liebe Lesende, wer ist dabei?).

And I say follow me follow me follow me down
Til you see all my dreams

Das alles denke ich also während ich wachliege. Und ich stelle fest, dass die Ursachen der Schlaflosigkeit bei anderen höchstwahrscheinlich weitaus gravierender sind als bei mir. Ich kann immerhin da liegen, ohne nennenswerte Existenzängste zu haben. Und nachdenken. Und Trauben essen.

Not everything in this magical world is quite what it seems

Vermutlich würde niemand meine Energie aushalten, wenn ich ausgeschlafen bin. Licht aus. Schlafmaske auf. Guten Morgen!

Turn off the lights | Nelly Furtado
Im Halbschlaf ergänzt auf der Spotify-Playlist