Magic …

Wir können nicht immer Trübsal blasen. Egal, wie schwerwiegend unsere Herausforderungen sind (oder für die Bedenkenträger unter uns: Egal, wie groß unsere Probleme sind): Ununterbrochen zu hadern, zu klagen oder sich zu sorgen, bringt uns in der Regel nicht weiter (außer, man ist unter sechs und versucht sich an der Supermarktkasse von der Mutter einen Schokoriegel zu erquengeln. Das könnte klappen). Es hilft also nichts, das Gejammer, und es ist irgendwie ja auch eine Unverschämtheit der oder dem gegenüber, die oder der für unser Dasein verantwortlich ist (Mutter, Vater, Schöpferin, Gott, Universum, Aliens, … who knows). Wenigstens ihr oder ihm oder ihnen zu Ehren sollten wir versuchen, in bedrückenden Lebenssituationen nach dem positiven Twist Ausschau zu halten.

All I got is concrete all around me
But I can see the countryside

Ich habe es bestimmt an anderer Stelle schon erwähnt: Kurz vor meinem Klinikbesuch, der meine Erkrankung ans Licht bringen sollte, fragte mich bei einem weinlaunigen Abend ein Freund, was ich denn tun würde, wenn die Diagnose »Parkinson« lautet? Die Antwort schoss aus meinem Bauch auf meine Lippen: Dann mache ich erstmal eine Parkinsonparty.
Eine Idee war geboren, und sie verselbstständigte sich wenige Wochen nach Diagnose als Blog. Und noch ein Vierteljahr später stand der Termin für die eigentliche Party fest.

I can make the pain disappear
And I can erase the past

Gestern war es soweit:
Wir hatten zur 1. Parkinsonparty geladen und 49 Gäste folgten unserem Ruf.
Leute, was für ein Trip!
Alte Freunde trafen auf neue Freunde, die ich selbst gestern zum ersten Mal sah und sprach. Freunde aus der Nachbarschaft trafen Freunde, die mehrere hundert Kilometer angereist waren. Erkrankte Freunde trafen auf Freunde, die in therapeutischen Berufen arbeiten. Und alle Freunde trafen auf unser erstaunlich gut funktionierendes Familienpatchwork.
Unsere heterogene Gästeliste schuf eine magische Mischung von völlig unterschiedlichen Persönlichkeiten zwischen 0 und 91 Jahren, die trotz ihrer Verschiedenheit einiges gemeinsam haben: Offenheit, Kommunikationslust, Interesse, Humor, Wohlwollen, Zugewandtheit.

I can bend metal with my mind
I can wake up in a paradise

Einer der positiven Twists meiner neuen Lebenssituation besteht darin, mit ganz anderen Menschen ins Gespräch zu kommen – oder mit langjährigen Freunden im Gespräch zu ganz neuen Tiefen vorstoßen zu können. Niemals, trotz der damit verbundenen Erkrankung, würde ich einen Abend wie den gestrigen und diese inspirierenden Begegnungen missen wollen. Ich verneige mich tief vor meinen Gästen und fühle mich für einen Augenblick wie eine Oscarpreisträgerin:

Danke A, M, M, J, T, M, J, L, A, F, Y, T, E, T, U, M, M, B, M, I, A, W, H, J, B, J, S, L, M, B, R, D, P, U, B, J, J, U, J, H, M, G, E, T, M, D, R, J, B für das Schleppen von Kisten, das Ausleihen und Arrangieren von 150 Weingläsern, für das Portionieren des Krakensalats, für Spenden, Geschenke und geliehene Töpfe, für die Hilfe beim Zurückführen der Wohnung in ihren Ursprungszustand, für Sprechen, Lachen, Kennenlernen, für Euer pures Dasein und danke der kleinen B für ihr bezauberndes Lächeln. Und tausend Dank meinem Liebsten für seine Unterstützung bei der Parkinsonparty und überhaupt.

Welch ein Abend, welch eine Nacht. So viele glückliche Menschen. So viel Liebe und Magie.

I got it you got it we got that magic

Alle, die dieses Mal nicht kommen konnten, weil ihnen etwas dazwischen kam oder schlicht, weil ich es versäumt habe, sie einzuladen, seien getröstet: Die Party Nr. 2 kommt bestimmt, und seit gestern wissen wir, dass unsere Wohnung ohne weiteres 75 Leute fasst – vorausgesetzt, es stehen nicht alle in der Küche.

I can make the future shine so bright
And I can make right now alright
We got that magic
Everyday

Magic | Robin Thicke
Hab ich auf die Spotify-Playlist gezaubert.