Taste …
Ich habe schon immer mit dem Wort gefremdelt. Projekt. Ein Wort, das beschreibt, dass man sich etwas vorgenommen hat und vorhat, das auch wirklich wirklich umzusetzen. Die Entwicklung einer komplexen Maschine, das Vorbereiten einer Festivität, eine Kindergarteneierschalenostercollage: alles Projekte.
Im Atelier arbeiten wir auch an Projekten, weil der einfältigen Atelierleitung noch kein neues Wort für die ganzen Jobs eingefallen ist. Leitsysteme, Geschäftsberichte, Softwareoberflächen, Weihnachtskarten: alles Projekte.
Mein neuestes Projekt ist ein Korbtablett für die Küche. Projektstart: vergangener Dienstag. Geplante Fertigstellung: 11. Dezember. Und auf das Jahr lege ich mich ebenfalls fest: 2020. Der geneigte Lesende erinnert sich vielleicht an das Strickprojekt im letzten Jahr … und nein, es ist noch nicht abgeschlossen.
One more time for my taste
Ich bin wieder in Reha. Nicht, weil es mir so schlecht ginge. Vielmehr, damit es nicht schlechter wird. »Pausen steigern Leistung«, »Aufschreiben = besser merken«: Der Aphorismendschungel ist diesmal ein Rentnerparadies. Alte Menschen, die über den Klinikflur schlurfen. Ich bin dankbar, dass alle Maske tragen müssen. Dazwischen einige junge Patienten, Schlagis, wie es aussieht. So ganz genau möchte ich es dieses Mal gar nicht wissen.
One more time for my taste
Corona spielt mir in die Hände. Das Mittagessen wird auch hier in drei Schichten ausgegeben, jeder bekommt seinen eigenen Tisch. Wenn ich mich ganz vorne in den Speisesaal setze, belegt nur das Schmatzen hinter mir die Anwesenheit der anderen.
Am ersten Tag frage ich mich noch, warum ich eigentlich hier bin. Am zweiten Tag werden Tests gemacht, und jetzt bereits erschleicht mich ein unangenehmes Gefühl. Die Behandlung mit Interferenzstrom hinterlässt Spuren auf meinem Rücken … fast so, als hätte sich ein Krake auf meinem Körper festgesaugt. Am dritten Tag sind die Tests vorerst abgeschlossen: Einige Werte sind gleich geblieben, die meisten sind schlechter als bei meiner Entlassung Mai letzten Jahres. Am vierten Tag erinnere ich mich wieder daran, warum ich diese Reha beantragt habe – der Krake hat die Kontrolle übernommen, nachmittags beteilige ich mich noch am therapeutischen Kegeln, am Abend schlafe ich ein unter Schmerzen, unbeweglich wie eine Mumie.
I’m not awake, I’m not alone
You’re right beside my face
Am fünften Tag wache ich fast schmerzfrei auf, weiterhin stocksteif. Ich schwänze das Gerätetraining und beginne stattdessen mit Physiotherapie. »Sie haben mich kaputt gemacht!« sage ich zur Therapeutin. Sie schaut besorgt und bemüht sich, meinen Körper zu lockern.
I’ll lick your wounds
I’ll lay you down
Die Kolleginnen von Ergo und Bäderabteilung verfolgen denselben Gedanken. Jede darf mal die Finger unter mein Schulterblatt stecken. Sie kriegen mich fürs Erste einigermaßen hin. Gut so, denke ich. Ich habe schließlich ein Projekt zu bearbeiten!
See me fall from your eyes to your waist
… Nach den Behandlungen schaffe ich noch einen Kundentermin. Dann, auf dem Heimweg, spüre ich, wie ein Arm sich um mich legt und mich von Hüfte bis Nacken zusammenzieht …
I feel your love, I feel your faith always
… Octopussy freut sich aufs Körbeflechten.
One more time for my taste
Taste | Rhye
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