Traffic …

Die ersten drei Wochen des Jahres gestalteten sich … interessant. Mit Vollgas in die Arbeit und ungebremst an die nächste Wand. Zwar auf dem Weg Rekorde gebrochen und Medaillen verliehen bekommen, aber am Ende eben doch die Nase blutig geschlagen. Eine kurze Zeit des Vergessens, die in das Gefühl mündet, krank zu sein. Oh, denke ich, ist ja gar kein Gefühl. Ist ja wirklich so.

Oh look, I’m bleeding
Not for you, for me this time

Ich denke als Folge auf ein Gespräch mit Freunden in diesem noch so frischen Jahr häufig darüber nach, ob das Krankwerden, oder die Feststellung des Krankseins, oder das Nochkränkerwerden Einfluss auf mich nimmt. Ob ich die Notwendigkeit sehe, mein Leben grundlegend zu ändern, ungesunde Beziehungen zu beenden, Aussprachen zu suchen und – ganz wichtig – eine bucket list zu führen und Punkt für Punkt abzuarbeiten. Bucket lists sind ja eine der vielen Religionen des 21. Jahrhunderts. Und die vorgefertigten sind die erklärten Gegner des echten Erlebens. »100 Dinge, die Du in Paris gesehen haben musst« (ein Ratgeber verfasst von Einheimischen, damit die Touristen die Stadt ansonsten in Frieden lassen), »50 Knoten/Whiskysorten/Grilltricks, die ein Mann kennen muss.«, »250 Dinge, die man als Paar zusammen erlebt haben muss.« (Tandemfahren, Synchronschwimmen, Schachspielen, Geschirrnacheinanderwerfen) und natürlich: »2.000 Dinge, die Du vor Deinem Ableben erledigen musst.« (Fallschirmspringen, Baum pflanzen, Haus bauen, Kind zeugen oder wenigstens kriegen).

Nein. Ich habe keine bucket list.

… just for the record, there is no record …

Ein Kind habe ich, und zwar nicht als Erfüllung eines Pflichtenhefts, sondern als Liebestat. Und Bäume habe ich sicher schon Tausende gepflanzt. Kirschbäume. Mit Ausspucken der Kerne in den Straßengraben. Fallschirmspringen ist mir viel zu gefährlich und Häuser baut mein Bruder, der ist Architekt. Als wir zuletzt in Paris waren, sind wir weder auf den Eiffelturm auf- noch in den Louvre abgestiegen – und haben überlebt. Stattdessen haben wir entzückende Bistrots entdeckt, die großen Modehäuser und wundervolle Kunst bewundert und Pastis getrunken. Und ansonsten bin ich der Überzeugung, dass man Dinge tun sollte, wenn man sie tun möchte, anstatt sie auf eine blöde Liste zu schreiben. Und man sollte diese Haltung haben, unabhängig davon, ob man krank oder gesund ist.

All we have are our love
And our guts baby

Also nein, die Krankheit hat mich nicht verändert. Zumindest nicht in Richtung Endzeitstimmung, Torschlusspanik und bucket lists. Und doch, die Krankheit hat mich verändert. Tut es täglich. Vielleicht denke ich darüber nochmals nach.

You don’t know the difference
Between anger and pissed off

One is doing and one is feeling

Heute jedenfalls fühle ich mich wie vom Bus überfahren. Krank irgendwie. Ich glaube, es ist Parkinson.

Feels like I’ve been run over in traffic …
I need to be healed

Traffic | Bitch and Animal
Mit dem Bus gefahren zur Spotify-Playlist