The way I feel …

In meinem Kopf sieht es aus wie in meiner Handtasche. Alles drin, was man braucht, nur leider im Moment unauffindbar. Immer, wenn ich meine, Ordnung reinbringen zu können, kommt etwas wahnsinnig Wichtiges dazwischen. Ein neuer Gedanke zum Beispiel, der dann langsam abtaucht in die Untiefen meines Unbewusstseins,  um dann Wochen später mit der Freshness eines vergessenen Eukalyptus-Bonbons wieder an der Oberfläche zu erscheinen. Ein Taschentuchfetzen hängt daran – ein Zeitzeuge eines rührseligen Anfalls, wenn ich Glück habe. Mit etwas weniger Glück handelt es sich um eine Interimsaufbewahrung für einen nicht mehr ganz schmackhaften Kaugummi, der mir (als Ersatz für das unauffindbare Eukalyptus-Bonbon) über einen dieser Kundentermine hinweggeholfen hat, bei dem mir mal wieder kein Getränk angeboten wurde.

Here I come, here I come

Wir sind alle aus der Übung, so denkt meine Beuteltasche von Gehirn. Ich vergesse reihenweise Geburtstage und habe keinen Überblick über meine Verabredungen, weil ich gar nicht mehr auf dem Schirm habe, dass man sich persönlich, live, in Farbe und in stereo treffen könnte. Mein Geschäftstermin reicht mir zur Begrüßung die Hand. Ich schlage ein und sehe mich zeitgleich von  innerer Panik getrieben nach dem nächsten Desinfektionsmittelspender um.

Woke up and I got the feeling
Nobody’s gonna make it easy

Left out when I wanna be inside
As it’s all goin‘ down

Dem ein oder anderen ist es die vergangenen zwei Jahre gelungen, seine Wohnung zu renovieren. Oder seine Urlaubsdias zu sortieren. Wir haben immerhin Farbe gekauft: vier kleine Blechdöschen unterschiedlichen Inhalts, die seit geraumer Zeit darauf warten, geöffnet zu werden und ihren Inhalt auf Pappkartons zu ergießen. Pandoras Lackbüchsen blieben jedoch bislang verschlossen … Keine verstrichenen Farbmuster, keine Entscheidung über den idealen Ton für die Wände, keine renovierte Wohnung. Und anstatt Urlaubsdias zu sortieren, haben wir den iCloud-Speicher erweitert.

Who are we to fall to pieces baby
Worked so hard to see things through
Who are we to question each other mama

Was haben wir eigentlich die letzten beiden Jahre gemacht, fragt sich die Beuteltasche. Vielleicht ein wenig zu viel gearbeitet, vielleicht viel zu wenig geruht. Zu viele Videokonferenzen durchstanden, zu wenig Spaziergänge im Park genossen. Zu häufig ja zu anderen gesagt und zu selten zu sich selbst. Vielleicht falsche Prioritäten gesetzt und trotzdem unglaublich großes Glück gehabt.

This life there’s no surprises
So good well I can’t defy it
So true that I wanna try it
All without making a sound

Ich drehe meine Handtasche, kippe alles auf den Tisch. Die eingewickelten Kaugummis befördere ich in die ewigen Jagdgründe. Die in Zellstoff konservierten Freuden- und Sorgentränen wandern zurück zu dem Eukalyptus-Bonbon. Man weiß ja nie.

It’s the way I feel

The way I feel | Remy Shand
Klebt wie Kaugummi an der Spotify-Playlist