Hard to beat …

Es wäre völlig unvernünftig, jetzt noch einen Text zu beginnen. Es ist kurz vor Mitternacht. Auf der Suche nach einer Idee für ein neues Corporate Design für das Atelier sammeln sich diverse Oktopus- und Krakenbücher um mich herum. Auf der Suche nach Futter (und um mich daran zu erinnern, dass sie hungrig sind) gesellen sich Frau Lohse und Herr Tietze zu den achtarmigen Tieren … mein ganz persönlicher Zoo – Aquarium und Raubtiergehege in einem.

Ich hänge noch Gedanken nach, die sich am Wochenende wie Schönwetterwölkchen gebildet haben. Wir hatten den schönsten Besuch von liebsten Freunden aus Berlin und eine faszinierende Begegnung mit – wie sagt man das, wenn man sich erst kurze Zeit kennt und trotzdem schon verbunden fühlt? – vertrauten Bekannten aus München. Sehr intensive Stunden, in denen wir Revue passieren ließen, was sich die letzten Monate ereignet hatte. Und das war bekanntermaßen eine Menge.

Mir fiel beim Erzählen eine Situation ein, die mich nachhaltig beschäftigt. So sehr, dass ich sie der Hüterin meine Seele (nennen wir sie fortan Mrs. Lucy – The doctor is IN) erzählen musste: Als mein Liebster mich zum ersten Mal nach Hause fuhr, saßen wir noch eine Weile plaudernd vor meiner Haustüre in seinem Wagen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon einige typische Erstsymptome wie ein eingeschränkter Geruchssinn, eine gestörte Feinmotorik, verlangsamte Bewegungen, ein Nichtmitschwingen des rechten Arms. Weil aber einer der großen Neurologen-Zampanos der Stadt mit seinem Team mich untersucht hatte (zweimal) und Parkinson ausgeschlossen hatte (zweimal: zu jung, zu weiblich und überhaupt), hatte ich versucht, mich seiner Meinung anzuschließen (funktionelle Störung): Ich dachte, ich hätte einfach einen an der Klatsche und früher oder später würde mein lahmer Arm wieder normal werden (und ich idealerweise auch). Ich saß also neben meinem Liebsten und sagte ihm, dass er sich um mich keine Sorgen machen müsse.

Ah yeah | Girl you’ve got something I | Like

Nun kam ja alles anders als erwartet: Entgegen der beiden scheinbar fundierten Profidiagnosen vor drei und vier Jahren habe ich meine Murmeln weiterhin weitestgehend beisammen. Dafür habe ich dieses P-Monster an der P-Backe. Und dank seines einigermaßen dramatischen Auftritts, neigt mein Umfeld dazu, sich Sorgen zu machen. Und wenn mein Umfeld sich Sorgen um mich macht, neigt mein Seelenleben zur Verklumpung und mein schlechtes Gewissen hat freie Bahn, denn: Ich hab ja allen versprochen »Das ist nichts Schlimmes, ihr müsst Euch alle keine Sorgen machen.«

Plumpaquatsch, sagt Mrs. Lucy, krank wird man ja nicht absichtlich, und außerdem: Sehen Sie sich mal an – Sie haben Ihr Monster sehr gut unter Kontrolle. Um Sie muss sich niemand Sorgen machen. Hm, denke ich. Wie Jochen Distelmeyer singt: Sorge braucht Zusammenhänge. Doch gegenwärtig kann ich tatsächlich praktisch alles tun, was ich tun möchte, und ich bin die pillenschmeißende Igelin unter den Hasen: Trotz des Hangs zur Verlangsamung bin ich – je nach Tätigkeit – schneller als so manch anderer. Zusammenhänge? Fehlanzeige.

Knock me right off my feet | Hard to beat

Um mich muss man sich keine Sorgen machen, denke ich, gehe in die Küche und füttere die Katzen – mit Fisch.

Hard to beat | Hard-Fi sorgenfrei auf Spotify